Auf dieser Seite findet ihr zur Zeit einige Gedichte, die der Epoche der Exil- oder Trümmerliteratur zuzuordnen sind. Diese Gedichte sind in der Zeit des zweiten Weltkrieges entstanden. Auch dabei: Literatur nach 1945 (z.B. von Erich Fried oder Günther Eich), Gedichte aus den verschiedensten Epochen und natürlich eure Werke und Gedichte! Ich freue mich über jede Einsendung... seid kreativ und schickt mir eure Gedichte zu!

 
 Erich Kästner: Das letzte Kapitel (1939)         Astrid Lindgreen: Wäre ich Gott    

Am 12. Juli des Jahres 2003
Lief folgender Funkspruch rund um die Erde:
Dass ein Bombengeschwader der Luftpolizei
Die gesamte Menschheit ausrotten werde.

Die Weltregierung, so wurde erklärt, stelle fest
dass der Plan, endgültig Frieden zu stiften,
sich gar nicht anders verwirklichen lässt,
als alle Beteiligten zu vergiften.

Zu fliehen, wurde erklärt, habe gar keinen Zweck.
Nicht eine Seele dürfe am Leben bleiben.
Das neue Giftgas krieche in jedes Versteck.
Man habe nicht einmal nötig,
sich selbst zu entleiben

Am 13.Juli flogen von Boston eintausend
Mit Gas und Bazillen beladene Flugzeuge fort
Und vollbrachten, rund um den Globus sausend,
den von der Weltregierung befohlenen Mord.

Die Menschen krochen winselnd unter die Betten.
Sie stürzten in ihre Keller und in den Wald.
Das Gift hing gelb wie Wolken über den Städten,
Millionen Leichen lagen auf dem Asphalt.

Jeder dachte, er könne dem Tod entgehen.
Keiner entging dem Tod, und die Welt wurde leer.
Das Gift war überall, es schlich wie auf Zehen.
Es lief die Wüste entlang.
Und es schwamm übers Meer.

Die Menschen lagen gebündelt
Wie faulende Garben.
Andere hingen wie Puppen zum Fenster heraus.
Die Tiere im Zoo schrien schrecklich,
bevor sie starben.
Und langsam löschten die großen Hochöfen aus.

Dampfer schwammen im Meer,
beladen mit Toten.
Und weder Weinen noch Lachen war auf der Welt.
Die Flugzeuge irrten, mit tausend toten Piloten,
unter dem Himmel und sanken brennend ins Feld.

Jetzt hatte die Menschheit endlich erreicht,
was sie wollte. Zwar war die Methode
nicht ausgesprochen human. Die Erde war aber
endlich still und zufrieden und rollte,
völlig beruhigt, ihre bekannte elliptische Bahn.


Wäre ich Gott
dann würde ich weinen
über die Menschen,
sie, die ich geschaffen
zu meinem Ebenbild.
Wie ich weinen würde
über ihre Bosheit
und Gemeinheit
und Rohheit
und Dummheit
und ihre armselige Güte
und hilflose Verzweiflung
und Trauer.
Und wie ich weinen würde
über ihre Herzensangst
und ihren ewigen Hunger,
ihre Sorge
und Todesfurcht
und trostlose Einsamkeit
und über ihre Schicksale,
ihre erbärmlichen kleinen Schicksale
und ihr blindes Tasten
nach jemand...
irgendeinem!
Vielleicht nach mir!
Und wie ich weinen würde
über alle Todesschreie
und alles Blut, das so
vergeblich fließt,
so zutiefst vergeblich,
und über den Hunger
und die Hoffnungslosigkeit
und die Not
und alle wahnsinnigen Qualen
und einsamen Tode
und über die Gefolterten,
die schreien und schreien,
und über die Folterer noch mehr.
Und dann all die Kinder,
alle, alle Kinder,
über sie würde ich
am allermeisten weinen.
Ja, wäre ich Gott,
gewiss würde ich viel
über die Kinder weinen,
denn nie habe ich mir gedacht,
dass sie es so wie jetzt
haben sollten.
Ströme, Ströme würde ich weinen, damit
sie ertrinken könnten
in den gewaltigen Fluten
meiner Tränen,
Alle meine armen Menschen,
und endlich Ruhe wäre.


 Günter Eich: Inventur (1945/46)         Erich Fried: Wörterdämmerung (1968)    


Dies ist meine Mütze,
dies ist mein Mantel,
hier mein Rasierzeug,
im Beutel aus Leinen.

Konservenbüchse:
Mein Teller mein Becher,
ich hab in das Weißblech
den Namen geritzt.

Geritzt hier mit diesem
Kostbaren Nagel,
den vor gebehrlichen
Augen ich berge.

Im Brotbeutel sind
Ein Paar wollene Socken
und einiges, was ich
niemand verrate,
Zwischen mir und der Erde.

Die Bleistiftmine
lieb ich am meisten:
Tags schreibt sie mir Verse,
Die nachts ich erdacht.

Dies ist mein Notizbuch,
dies meine Zeltbahn,
dies ist mein Handtuch,
dies ist mein Zwirn.

Brand der Worte:
Vertrocknete flackern auf
Stockfleckige qualmen
Geblähte Prunkwörter platzen

Begriffe schrumpfen
zu langen verhutzelten Sätzen
Perioden winden sich
Punkte knistern und sprühen

Bilder leuchten jetzt auf:
Ein Herz, ein graublauer Vogel
Widerspenstiges Haar
ein blasser magerer Arm

Nun brennen sie
in der Flamme der ältesten Worte
Augen fliegen davon
Etwas klirrt in der Asche

 

    Theodor Fontane: John Maynard


John Maynard!
>>Wer ist John Maynard?<<
>>John Maynard war unser Steuermann,
aus hielt er, bis er das Ufer gewann,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard.<<

Die Schwalbe fliegt über den Erie-See,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von
Schnee,
Von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
Die Herzen aber sind frei und froh,
Und die Passagiere, mit Kindern und Fraun,
Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
Und plaudernd an John Maynard heran
Tritt alles: >>Wie weit noch Steuermann?<<
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
>>Noch dreißig Minuten ... Halbe Stund.<<

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -
Da klingt's aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
>>Feuer<< war es, was da klang,
ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
Ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.

Und die Passagiere bunt gemengt,
Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
am Steuer aber lagert sich's dicht,
Und ein Jammern wird laut: >>Wo sind wir?
Wo?
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo.

Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke
steht,
Der Kapitän nach dem Steuer späht,
Er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
Aber durchs Sprachrohr fragt er an:
>>Noch da, John Maynard?<<
>>Ja Herr, ich bin.<<
>>Auf den Strand. In die Brandung.<<
>>Ich halte drauf hin.<<
Und das Schiffsvolk jubelt: >>Halt aus,
Hallo.
Und noch zehn Minuten bis Buffalo.

>>Noch da, John Maynard?<< Und Antwort
schallt's
Mit ersterbender Stimme: >>Ja, Herr ich halt's.<<
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
Jagt er die Schwalbe mitten hinein,
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: Der Strand von Buffalo.

Das Schiff geborsten. Das Feuer
verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!

Alle Glocken gehen; ihre Töne schwelln
Himmelan aus Kirchen und Kapelln,
Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die
Stadt,
Ein Dienst nur den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
Und kein Aug im Zuge, das tränenleer.

Sie lassen den Sarg in Blumen hinab.
Mit blumen schließen sie das Grab,
Und mit goldner Schrift in den Mamorstein
schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:
>>Hier ruht John Maynard. In Qualm
und Brand
Hielt er das Steuer fest in der Hand.
Er hat und gerettet, er trägt die Kron,
Er starb für uns, unsre Liebe sein
Lohn.
John Maynard.<<

   Arthur O'Shaugnessy (1844-81): Titel unbekannt


Wir sind die Sänger und Rufer, wir träumen in herrlichen Träumen, wir sitzen am einsamen Ufer und
sehen die Brandung schäumen. Wir sind die Verbannten der Erde, von bleichem Mondlich umspielt,
und haben mit Herrschergebärde ganz neue Welten erfühlt. Und unsere Melodien ließen große
Städte erblühen. Und aus einem Fabelgedichte, da machten wir Weltgeschichte. Wer noch Träume
hat gewinnt Kronen und kann ganze Reiche erbauen. Und mit kraftvollen Kompositionen sie wieder in
Stücke zerhauen. Wie jubeln und litten bei Hitze und Schnee und blieben des Erdballs Nabel. Wir
schufen aus Seufzern Ninive und bauten aus Lachen ein Babel. Und eines Tages war es soweit, daß
wir alles wieder verloren, denn träumend stirbt eine alte Zeit, und aus Träumen werden neue
geboren!


   Paul Celan: Todesfuge (1948)


Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeifte seine Rüden herbei
er pfeift seine Juden hervor lässt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt und spielt auf nun zum Tanz

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihre einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen

Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland
er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft
dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken
der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland

dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith

Rolf Dieter Brinkmann: Landschaft (1975)


1 verrußter Baum,
nicht mehr zu bestimmen
1 Autowrack, Glasscherben
1künstliche Wand, schallschluckend

verschiedene kaputte Schuhe
im blätterlosen Gestrüpp
"was suchen Sie da?"

1 Essay, ein Ausflug in die Biologie
das Suchen nach Knöcherfliegenlarven,das
gelbe

Licht 6 Uhr nachmittags

1 paar Steine

1 Warnschild "Privat"
1 hingekarrtes verfaultes Sofa
1 Sportflugzeug

mehrere flüchtende Tiere,
der Rest einer Strumpfhose an
einem Ast, daneben

1 rostiges Fahrradgestell

1 Erinnerung an
1 Zenwitz

  Siegfried Einstein: Schlaflied für Daniel      Johannes Bobrowski: Bericht(1961)


Wir fahren durch Deutschland, mein Kind.
Und es ist Nacht.
Die Scheiben klirren im Wind,
Da sind die Toten erwacht

die Toten von Auschwitz, mein Sohn.
Du weißt es nicht
und träumst von Sternen und Mohn
und Sonn- und Mondgesicht.

Du darfst nicht schlafen, mein Kind.
Und es ist Nacht.
Die Toten stöhnen im Wind:
Viele Menschen sind umgebracht.

Du darfst nicht schlafen, mein Sohn.
Und träumen von seliger Pracht.
Sieh doch es leuchtet der Mohn
Wie Blut so rot in der Nacht.
Wir fahren durch Deutschland, mein Kind.
Und es ist Nacht.
Die Toten klagen im Wind ---
Und niemand ist aufgewacht...


Bajla Gelblung,
entflohen in Warschau
einem Transport aus dem Ghetto,
das Mädchen
ist gegangen durch Wälder
bewaffnet, die Partisanin
wurde ergriffen
in Brest-Litowsk,
trug einen Militärmantel (polnisch),
wurde verhört von deutschen
Offizieren, es gibt
ein Foto, die Offiziere sind junge
Leute, tadellos uniformiert,
mit tadellosen Gesichtern,
ihre Haltung
ist einwandfrei.

Eure Gedichte, Träume & Gedanken
    Autor anonym: Traurigkeit


Ich will dich nicht verlieren
aber was ist wenn?
Du sagtest ich soll dir verzeihen
das werd ich immer tun,
aber geh nicht fort
bleib bei mir!

    Autor: Sanny: Aufwiedersehen


Ich war ganz allein auf dieser Erde
allein in dieser Menschenherde.
Alle waren verliebt,
was mich schon fast in Verzweiflung trieb.
Doch dann tratest du in mein Leben.
Wir sahen uns an,
du zogest mich in deinen Bann.
Wir redeten über Gott und die Welt,
über uns und über Geld.
Es war wie ein Traum,
man glaubt es kaum!
Ich betete im Innern, lass mich nicht aufwachen
Lass mich mit ihm lachen
Ich wachte nicht auf,
es war kein Traum.
Die Tür ging auf, er musste gehn.
Ich schaute ihn an "Aufwiedersehn?"
Er wollte sagen "Nein ... Leb wohl!"
Was sollte ich machen?
Ich musste ihn gehen lassen.
Er riss mein Herz entzwei.
Ich fühlte in mir einen Schrei.
Ich wollte aus dem Fenster springen
mich zu ihm ringen.
Er auch, ich sah es ihm and
und dann...
war er fort.
an einem unbekannten Ort
Er musste für immer gehn.
Und ich konnte nur sagen "Aufwiedersehn..."

    Autor: Jacqueline: Hass oder Liebe?


Ich hasse dich,
Weil ich dir nicht vertrauen konnte.
Ich hasse dich,
weil du mich betrogen hast.
Ich hasse dich,
weil du mir alles nur vorgespielt hast.
Ich hasse dich,
weil du mich anscheinend
noch nie geliebt hast.
Ich hasse dich,
weil ich dich nicht hassen kann.
Und das ist der Grund,
warum ich dich immer noch liebe!

Hier bald weitere Gedichte und vor allem eure Werke, die ich bis jetzt erhalten habe!

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